Betriebskosten bei Wohnungsberechtigten: Auch ohne Vorauszahlungen muss innerhalb eines Jahres abgerechnet werden!
BGH, Urteil vom 16.03.2018 – V ZR 60/17
Ist der dinglich Wohnungsberechtigte zur Zahlung von Betriebskosten verpflichtet, gelten für die Abrechnung der Betriebskosten die Regelungen in § 556 Abs. 3 BGB auch dann entsprechend, wenn keine Vorauszahlungen vereinbart sind.
Problem/Sachverhalt
Die Eigentümerin einer Wohnung hat dem Verkäufer ein lebenslanges und unentgeltliches Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht eingeräumt. Nach dem Notarvertrag obliegt es dem Berechtigten, alle auf einen Mieter umlegbaren Nebenkosten zu tragen. Hierbei werden keine Vorauszahlungen vereinbart. Für das Kalenderjahr 2010 erstellt die klagende Eigentümerin am 22.12.2014 eine Nebenkostenabrechnung. Der Wohnungsberechtigte wendet sich gegen den Nachzahlungsanspruch.
Entscheidung
Mit Erfolg! Der BGH bestätigt die Vorinstanzen und weist die Zahlungsklage in analoger Anwendung des § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB (Ausschlussfrist) ab, weil die Eigentümerin die Abrechnungsfrist versäumt hat. Im Verhältnis zwischen Eigentümer und dinglich Wohnungsberechtigtem ist die Regelung des § 556 Abs. 3 BGB für die Abrechnung über die Vorauszahlungen entsprechend anwendbar. Höchstrichterlich entschieden ist bislang die Konstellation, dass gegenüber dem dinglich Berechtigten die Tragung von Vorauszahlungen vereinbart war. Ist sie – wie hier – nicht vereinbart, gilt die Abrechnungsfrist trotzdem entsprechend. Zur Begründung verweist der BGH auf das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke bei Konzept der gesetzlichen Vorschrift durch das Mietrechtsreformgesetz. Die Ausschlussfrist verfolgt das gesetzgeberische Ziel, durch eine zeitnahe Abrechnung dem Mieter Abrechnungssicherheit zu geben und Streit zu vermeiden. Diese Interessenlage besteht auch gegenüber einem dinglich Wohnungsberechtigten, dem zwar die Tragung von Betriebskosten auferlegt ist, ohne hierfür jedoch monatliche Vorauszahlungen zu vereinbaren. Dies führt zwar zu Nachteilen für den Eigentümer, dem steht jedoch der Gewinn an Rechtssicherheit gegenüber.
§ 556 BGB Vereinbarungen über Betriebskosten
„(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen.
(2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden.
(3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
(4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“
Quelle: MRRS 2018, 0529 Entscheidung im Volltext
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