Ein Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer im Einzelfall – bezogen auf eine konkrete Jahresabrechnung – von den Vorgaben der Heizkostenverordnung abweichen, ist nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar.
BGH, Urteil vom 22.06.2018 – V ZR 193/17
„Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Nach der Teilungserklärung vom 2. Mai 1983 werden die Kosten für Wärme und die Bereitung von Warmwasser auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen, „z.Zt. zu jeweils 30 % Grundkosten und 70 % verbrauchsabhängigen Kosten ermittelt“. Der Kläger erhielt unter dem 7. März 2016 eine Hausgeldabrechnung für den Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Dezember 2015. Dieser war eine Einzelabrechnung „Energie und Betriebskosten“ der Firma i. beigefügt, wonach auf den Kläger ein Betrag von 637,25 Euro entfiel. Die Aufteilung der hierin enthaltenen Heizkosten, die sich insgesamt auf 18.236,67 Euro beliefen, erfolgte zu 30 % als Grundkosten und zu 70 % nach Verbrauch. In der Eigentümerversammlung vom 22. März 2016 kam es zwischen den Wohnungseigentümern zu einer Diskussion über die Richtigkeit der Heizkostenabrechnung der Firma i. , da auf zwei Wohneinheiten ein vergleichsweise hoher Anteil der Heizkosten entfiel. Unter „TOP 3 Beschluss II“ wurde beschlossen, einen Sachverständigen für Heizungstechnik mit der Ermittlung der Ursachen zu beauftragen. Unter „TOP 3 Beschluss III“ wurde folgender Beschluss gefasst:
„Sofern sich keine verwertbaren Erkenntnisse durch den Sachverständigen ergeben, die sich auf die Heizkostenabrechnung auswirken, soll die Abrechnung für 2015 nach Wohnfläche erfolgen. Es werden Kosten vonEuro 18.236,67 zugrunde gelegt.“
Das Berufungsgericht hält die Berufung für unbegründet, weil der angefochtene Beschluss nicht gemäß § 23 Abs. 4 Satz 1 WEG nichtig sei. Dieser könne zwar nicht auf § 9a Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenV gestützt werden. Es sei nicht ersichtlich, dass der anteilige Wärme- oder Warmwasserverbrauch von Nutzern für den Abrechnungszeitraum 2015 wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß habe erfasst werden können. Ein Geräteausfall liege nicht vor; zudem sei unstreitig eine Verbrauchserfassung erfolgt, wobei es unerheblich sei, ob diese fehlerhaft sei. Dies führe aber nicht zur Nichtigkeit. Gemäß § 16 Abs. 3 WEG könne die Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung den Umlageschlüssel mit Stimmenmehrheit ändern. Widerspreche die beschlossene Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung, sei der Beschluss anfechtbar, aber nicht nichtig.“
vorhergehend:
LG Braunschweig, 20.06.2017 – 6 S 33/17
AG Göttingen, 20.12.2016 – 19 C 27/16
§ 9a Kostenverteilung in Sonderfällen
„(1) Kann der anteilige Wärme- oder Warmwasserverbrauch von Nutzern für einen Abrechnungszeitraum wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfaßt werden, ist er vom Gebäudeeigentümer auf der Grundlage des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen oder des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder es Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzgruppe zu ermitteln. Der so ermittelte anteilige Verbrauch ist bei der Kostenverteilung anstelle des erfaßten Verbrauchs zugrunde zu legen.
(2) Überschreitet die von der Verbrauchsermittlung nach Absatz 1 betroffene Wohn- oder Nutzfläche oder der umbaute Raum 25 vom Hundert der für die Kostenverteilung maßgeblichen gesamten Wohn- oder Nutzfläche oder des maßgeblichen gesamten umbauten Raumes, sind die Kosten ausschließlich nach den nach § 7 Abs. 1 Satz 5 und § 8 Abs. 1 für die Verteilung der übrigen Kosten zugrunde zu legenden Maßstäben zu verteilen.“
Quelle: BGH, Urteil vom 22.06.2018 – V ZR 193/17
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