- Umlagebeschlüsse, gestützt auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG n.F., sind nur dann ordnungsmäßig, wenn sie für die Zukunft wirken sollen.
- Soll eine Kostenregelung aber gleichwohl für einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang gelten, ist eine Rückwirkung jedenfalls dann hinzunehmen, wenn sich bei typisierender Betrachtung noch kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat.
- Bei der Bestimmung dessen, was im Rahmen einer Kostenverteilungsregelung „grob unbillig“ ist bzw. zu einem besonders auffälligen Missverhältnis führt, reicht eine bloße Mehrbelastung einzelner oder mehrerer Eigentümer gegenüber anderen Wohnungs- oder Teileigentümern nicht aus; diese Ausnahmekonstellation ist vielmehr nur auf solche Fälle begrenzt, in denen das Mehrfache dessen zu zahlen ist, was bei sachgerechter Kostenverteilung zu zahlen wäre.
- Einem Beschluss fehlt die notwendige Bestimmtheit, wenn er keine sinnvolle, in sich geschlossene und verständliche Regelung enthält, weswegen er so ausführlich wie nötig beschreiben muss, was gelten soll.
- Es entspricht nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, eine Sanierungsmaßnahme zu beschließen, ohne sich vorab eine ausreichende Tatsachengrundlage über die Notwendigkeit der Maßnahme verschafft zu haben.
So das AG Hamburg-St. Georg, Urteil vom 19.08.2022 – 980b C 1/22 WEG
„Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung Diese Beschlüsse, die (abgeänderte) Kostenverteilungsregelungen bzw. Verteilungsschlüssel „mit Wirkung ab 01.01.2021“ festlegen, beinhalten eine unzulässige Rückwirkung. Im Grundsatz gilt, dass Umlagebeschlüsse, gestützt auf § 16 Abs. 2 S. 2 WEG n.F. – wie schon nach früherer Rechtslage (vgl. nur BGH, NJW 2011, 2202, 2203, Tz. 10 ff. = ZMR 2011, 652 zu § 16 Abs. 3 WEG a.F.) -, nur dann ordnungsmäßig sind, wenn sie für die Zukunft wirken sollen (vgl. etwa Bartholome, in: BeckOK-WEG, 49. Ed. 1.7.2022, § 16, Rn. 157; Elzer, in: Skauradszun/Elzer/Hinz/Riecke, Die WEG-Reform 2020, 2021, § 13, Rn. 34; Elzer, ZWE 2021, 297, 307). Soll eine Kostenregelung – wie vorliegend – aber gleichwohl für einen noch nicht abgeschlossenen Vorgang (Abrechnungsjahr 2021) gelten, ist eine Rückwirkung jedenfalls dann hinzunehmen, wenn sich bei typisierender Betrachtung noch kein schutzwürdiges Vertrauen herausgebildet hat (BGH, NJW 2010, 2654, 2655, Tz. 11 = ZMR 2010, 775).
Das kann etwa der Fall sein, wenn der in der Teilungserklärung festgelegte Schlüssel von Beginn an nicht angewandt worden ist und die nunmehr beschlossene Kostenregelung der jahrelangen Übung in der Gemeinschaft entspricht (vgl. LG Hamburg, ZWE 2013, 453, 454 = ZMR 2013, 465; LG Rostock, ZWE 2021, 287, 290, Rn. 49 = ZMR 2021, 63).
Ein schutzwürdiges Vertrauen hat sich im Übrigen etwa auch dann nicht herausgebildet, wenn für das laufende Wirtschaftsjahr kein auf der Grundlage des alten Schlüssels aufbauender Wirtschaftsplan beschlossen worden ist und die Abrechnung noch in der Schwebe ist; allein der Umstand, dass Vorschüsse auf der Grundlage des alten Verteilungsschlüssels erhoben worden sind, vermag kein schutzwürdiges Vertrauen zu begründen (siehe BGH, NJW 2010, 2654, 2655, Tz. 11 = ZMR 2010, 775).
Da auch in bereits abgeschlossene Abrechnungszeiträume dann ausnahmsweise rückwirkend durch eine geänderte Kostenverteilungsregelung eingegriffen werden darf, wenn besondere Umstände vorliegen, etwa weil der bisherige Schlüssel unbrauchbar oder in hohem Maße unpraktikabel ist oder dessen Anwendung zu grob unbilligen Ergebnissen führt, gilt dies erst Recht für Vorgänge, die – wie hier – noch nicht abgeschlossen sind (Elzer, ZWE 2021, 297, 307).“
Quelle: IMRRS 2022, 1524 Entscheidung im Volltext
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