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Muss der Mieter Installation einer Breitbandkabelversorgung dulden?

Der Mieter hat die Installation einer Breitbandkabelversorgung zu dulden. Er hat auch die Folgekosten der Installation als Betriebskosten zu tragen. AG Frankfurt/Main, Urteil vom 19.01.2018 – 33 C 2941/17 Tenor: „Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Installation einer Breitbandkabelversorgung in der von ihnen innegehaltenen WohnungXXX, XXX, XXX Frankfurt am Main, bis zu der dort bereits vorhandenen Fernsehdose werktags zwischen 8.00 und 18.00 Uhr nach rechtzeitiger Ankündigung 14 Tage vorher durch Beauftragte der Klägerin zu dulden.Tatbestand: „Die Parteien streiten um die Duldung der Installation einer Breitbandkabelversorgung. Mit Mietvertrag vom 18.06.1975 (Bl. 4 ff. d.A.) mieteten die Beklagten von dem Rechtsvorgänger der Klägerin eine Wohnung in der XXX, XXX Frankfurt am Main. Mietvertraglich wurde vereinbart, dass bestimmte Betriebskosten, unter anderem die der Gemeinschaftsantenne, nicht im Mietzins enthalten sind und zusätzlich auf die Beklagten umgelegt werden (vgl. § 4 des Mietvertrages). Mit Schreiben vom 12.07.2017 (Bl. 8 d.A.) kündigte die Klägerin den Beklagten eine Nachinstallation des Breitbandkabelanschlusses in der Wohnung der Beklagten am 24.07.2017 an. Diesen Termin ermöglichten die Beklagten nicht.“ Sachverhalt: Dabei kann es dahinstehen, ob es sich bei der Installation einer Breitbandkabelversorgung um eine Erhaltungsmaßnahme im Sinne des § 555 a BGB oder um eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 555 b BGB handelt, da die Beklagten als Mieter grundsätzlich beides gemäß § 555 a Abs. 1 BGB beziehungsweise § 555 d Abs. 1 BGB zu dulden haben. Einer Klärung der Frage, welche Art von Anschluss bislang in der Wohnung der Beklagten vorhanden war, bedurfte es deshalb vorliegend nicht. Der Anspruch der Klägerin auf Duldung einer Breitbandkabelversorgung ist auch fällig. Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es – das Vorliegen einer Modernisierungsmaßnahme einmal unterstellt – keiner Modernisierungsankündigung mit dreimonatiger Frist und den Angaben nach § 555 c Abs. 1 BGB. Bei einem Anschluss an das Kabelnetz handelt es sich um eine sogenannte Bagatellmaßnahme im Sinne des § 555 c Abs. 4 BGB, weshalb es lediglich einer formlosen Ankündigung bedarf (AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg-Kreuzberg, Urt. v. 20.12.2006 – 4 C 427/06, BeckRS 2008, 03700; Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 13. Aufl. 2017, § 555 c BGB, Rn. 63). Eine solche erfolgte bereits mit dem Schreiben der Klägerin vom 12.07.2017. Letztlich können die Beklagten der Duldungspflicht auch keinen Anspruch auf Einbau eines Sperrfilters entgegenhalten. Ein solcher Anspruch besteht – unabhängig davon, ob eine Modernisierung oder eine Instandsetzung vorliegt – nicht. Wird ein Breitbandanschluss nach Beginn des Mietverhältnisses hergestellt, handelt es sich um eine duldungspflichtige Modernisierung. Betriebskosten als Folgekosten aus einer Modernisierung sind umlegbar; der Mieter hat keinen Anspruch auf Verplombung des Breitbandanschlusses (AG Berlin-Schöneberg, Urt. v. 17.11.2004 – 103 C 350/04, BeckRS 2004, 31001212; Langenberg/Zehelein, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 8. Auflage 2016, A. Begriff der Betriebskosten, III. Definitionen des Betriebskostenkatalogs gem. § 2 BetrKV, Rn. 230, beck-online). Erst recht hat der Mieter daher die laufenden Breitbandkosten zu tragen, wenn der vorhandene Breitbandanschluss lediglich instandgesetzt wird oder der Breitbandanschluss als Ersatz für eine Gemeinschaftsantenne eingerichtet wurde; die laufenden Kosten sind von ihm auch dann zu tragen, wenn er kein Fernsehgerät besitzt und den Anschluss daher nicht nutzt (vgl. BGH NZM 2007, 769; Langenberg/Zehelein, a.a.O.). Soweit die Beklagten auf die Fundstelle Schmidt-Futterer/Eisenschmid, 13. Aufl. 2017, § 555 b BGB, Rn. 118 verweisen, ist anzumerken, dass es im freifinanzierten Wohnungsbau gerade keine § 24 a Abs. 2 Satz 2 NMVO entsprechende Norm gibt, die Mietern ein Widerspruchsrecht gegen die Umlegung von Breitbandkabelgebühren einräumt. Im Übrigen behandelt die Fundstelle nur die Frage, ob Kabelgebühren umlegbar sind, wenn der Anschluss verplombt ist, nicht aber die Frage, ob Mieter einen Anspruch auf Verplombung haben.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

  • § 555a Erhaltungsmaßnahmen
(1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, die zur Instandhaltung oder Instandsetzung der Mietsache erforderlich sind (Erhaltungsmaßnahmen). (2) Erhaltungsmaßnahmen sind dem Mieter rechtzeitig anzukündigen, es sei denn, sie sind nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden oder ihre sofortige Durchführung ist zwingend erforderlich. (3) Aufwendungen, die der Mieter infolge einer Erhaltungsmaßnahme machen muss, hat der Vermieter in angemessenem Umfang zu ersetzen. Auf Verlangen hat er Vorschuss zu leisten. (4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 2 oder 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.
  • § 555b Modernisierungsmaßnahmen
Modernisierungsmaßnahmen sind bauliche Veränderungen, 1. durch die in Bezug auf die Mietsache Endenergie nachhaltig eingespart wird (energetische Modernisierung), 2. durch die nicht erneuerbare Primärenergie nachhaltig eingespart oder das Klima nachhaltig geschützt wird, sofern nicht bereits eine energetische Modernisierung nach Nummer 1 vorliegt, 3. durch die der Wasserverbrauch nachhaltig reduziert wird, 4. durch die der Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöht wird, 5. durch die die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessert werden, 6. die auf Grund von Umständen durchgeführt werden, die der Vermieter nicht zu vertreten hat, und die keine Erhaltungsmaßnahmen nach § 555a sind, oder 7. durch die neuer Wohnraum geschaffen wird.
  • § 555d Duldung von Modernisierungsmaßnahmen, Ausschlussfrist
(1) Der Mieter hat eine Modernisierungsmaßnahme zu dulden. (2) Eine Duldungspflicht nach Absatz 1 besteht nicht, wenn die Modernisierungsmaßnahme für den Mieter, seine Familie oder einen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen sowohl des Vermieters als auch anderer Mieter in dem Gebäude sowie von Belangen der Energieeinsparung und des Klimaschutzes nicht zu rechtfertigen ist. Die zu erwartende Mieterhöhung sowie die voraussichtlichen künftigen Betriebskosten bleiben bei der Abwägung im Rahmen der Duldungspflicht außer Betracht; sie sind nur nach § 559 Absatz 4 und 5 bei einer Mieterhöhung zu berücksichtigen. (3) Der Mieter hat dem Vermieter Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Duldung oder die Mieterhöhung begründen, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, in Textform mitzuteilen. Der Lauf der Frist beginnt nur, wenn die Modernisierungsankündigung den Vorschriften des § 555c entspricht. (4) Nach Ablauf der Frist sind Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Duldung oder die Mieterhöhung begründen, noch zu berücksichtigen, wenn der Mieter ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war und er dem Vermieter die Umstände sowie die Gründe der Verzögerung unverzüglich in Textform mitteilt. Umstände, die eine Härte im Hinblick auf die Mieterhöhung begründen, sind nur zu berücksichtigen, wenn sie spätestens bis zum Beginn der Modernisierungsmaßnahme mitgeteilt werden. (5) Hat der Vermieter in der Modernisierungsankündigung nicht auf die Form und die Frist des Härteeinwands hingewiesen (§ 555c Absatz 2), so bedarf die Mitteilung des Mieters nach Absatz 3 Satz 1 nicht der dort bestimmten Form und Frist. Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. (6) § 555a Absatz 3 gilt entsprechend. (7) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Quelle:Entscheidung im Volltext Hinweis: Nächster Seminartermin

Darlegungslast und Belegeinsicht bei vom Mieter als nicht plausibel bestrittener Heizkostenabrechnung

Ein Mieter kann im Rahmen der bei einer Betriebskostenabrechnung / Heizkostenabrechnung geschuldeten Belegvorlage vom Vermieter auch die Einsichtnahme in die von diesem erhobenen Einzelverbrauchsdaten anderer Nutzer eines gemeinsam versorgten Mietobjekts beanspruchen, um sich etwa Klarheit zu verschaffen, ob bei einer verbrauchsabhängigen Abrechnung der Gesamtverbrauchswert mit der Summe der Verbrauchsdaten der anderen Wohnungen übereinstimmt, ob deren Werte zutreffend sind oder ob sonst Bedenken gegen die Richtigkeit der Kostenverteilung bestehen. Der Darlegung eines besonderen Interesses an dieser Belegeinsicht bedarf es nicht. So das BGH Urteil vom 07.02.2018 VIII ZR 189/17 Ein Mieter ist zur Leistung von Betriebskostennachzahlungen nicht verpflichtet, solange und soweit der Vermieter einem berechtigten Verlangen nach Belegvorlage nicht nachgekommen ist. BGH, Urteil vom 07.02.2018 – VIII ZR 189/17 vorhergehend:
  • LG Darmstadt, 27.07.2017 – 6 S 213/16
  • AG Bensheim, 20.04.2016 – 6 C 867/15
Sachverhalt: Die Beklagten waren Mieter einer 94 qm großen Dreizimmerwohnung in einem Mehrfamilienhaus der Klägerin in Heppenheim. Die gesamte Wohnfläche des Hauses beläuft sich soweit sie an den für die Wohnung der Beklagten maßgeblichen Heizkreis angeschlossen ist auf knapp 720 qm. Der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag sah eine monatliche Vorauszahlung auf die Betriebskosten in Höhe von 200 € vor. Für die Jahre 2013 und 2014 verlangt die Klägerin von den Beklagten eine Nachzahlung auf die in den Betriebskosten enthaltenen Heizkosten in Höhe von mehr als 5.000 €. Die betreffenden Jahresabrechnungen weisen für die Mietwohnung der Beklagten Verbrauchswerte aus, die 42 beziehungsweise 47 Prozent der jeweils im Heizkreis insgesamt gemessenen Verbrauchseinheiten ausmachen. Die Beklagten beanstanden diese Abrechnungswerte als nicht plausibel und bestreiten, diese in ihrer Höhe auffällig von der Wohnflächenverteilung abweichende Wärmemenge tatsächlich verbraucht zu haben. Ihrer Forderung, ihnen zur Überprüfung die Ablesebelege zu den Verbrauchseinheiten der übrigen Wohnungen vorzulegen, kam die Klägerin nicht nach. § 242 BGB Leistung nach Treu und Glauben „Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.“ § 259 BGB Umfang der Rechenschaftspflicht „(1) Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen. (2) Besteht Grund zu der Annahme, dass die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete auf Verlangen zu Protokoll an Eides statt zu versichern, dass er nach bestem Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe, als er dazu imstande sei. (3) In Angelegenheiten von geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nicht.“ § 273 BGB Zurückbehaltungsrecht „(1) Hat der Schuldner aus demselben rechtlichen Verhältnis, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem Schuldverhältnis sich ein anderes ergibt, die geschuldete Leistung verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird (Zurückbehaltungsrecht). (2) Wer zur Herausgabe eines Gegenstands verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, dass er den Gegenstand durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat. (3) Der Gläubiger kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.“ § 274 BGB Wirkungen des Zurückbehaltungsrechts „(1) Gegenüber der Klage des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die Wirkung, dass der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurteilen ist. (2) Auf Grund einer solchen Verurteilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der Schuldner im Verzug der Annahme ist.“ § 556 BGB Vereinbarungen über Betriebskosten „(1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen. (2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden. (3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. (4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ § 556a BGB Abrechnungsmaßstab für Betriebskosten „(1) Haben die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart, sind die Betriebskosten vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften nach dem Anteil der Wohnfläche umzulegen. Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Mieter abhängen, sind nach einem Maßstab umzulegen, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. (2) Haben die Vertragsparteien etwas anderes vereinbart, kann der Vermieter durch Erklärung in Textform bestimmen, dass die Betriebskosten zukünftig abweichend von der getroffenen Vereinbarung ganz oder teilweise nach einem Maßstab umgelegt werden dürfen, der dem erfassten unterschiedlichen Verbrauch oder der erfassten unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt. Die Erklärung ist nur vor Beginn eines Abrechnungszeitraums zulässig. Sind die Kosten bislang in der Miete enthalten, so ist diese entsprechend herabzusetzen. (3) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 2 abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ Quelle: BGH, Urteil vom 07.02.2018 – VIII ZR 189/17 Hinweis: Nächster Seminartermin

Ist die Grundsteuer verfassungskonform ?

Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig. Urteil vom 10. April 2018 Leitsätze 1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12, 1 BvR 639/11, 1 BvL 1/15, 1 BvL 12/14 Die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Einheitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern sind jedenfalls seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar. Das Festhalten des Gesetzgebers an dem Hauptfeststellungszeitpunkt von 1964 führt zu gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, für die es keine ausreichende Rechtfertigung gibt. Mit dieser Begründung hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Vorschriften mit Urteil vom heutigen Tage für verfassungswidrig erklärt und bestimmt, dass der Gesetzgeber spätestens bis zum 31. Dezember 2019 eine Neuregelung zu treffen hat. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die verfassungswidrigen Regeln weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen sie für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden. BVerfG, Urteil vom 10.04.2018 – 1 BvL 11/14
  • Der Gesetzgeber hat bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregeln einer Steuer einen großen Spielraum, solange sie geeignet sind, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen und dabei die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden.
  • Ermöglichen Bewertungsregeln ganz generell keine in ihrer Relation realitätsnahe Bewertung, rechtfertigt selbst die Vermeidung eines noch so großen Verwaltungsaufwands nicht ihre Verwendung. Auch die geringe Höhe einer Steuer rechtfertigt die Verwendung solcher realitätsfernen Bewertungsregeln nicht.
  • Das Aussetzen der im Recht der Einheitsbewertung ursprünglich vorgesehenen periodischen Hauptfeststellung seit dem Jahr 1964 führt bei der Grundsteuer zwangsläufig in zunehmendem Umfang zu Ungleichbehandlungen durch Wertverzerrungen, die jedenfalls seit dem Jahr 2002 weder durch den vermiedenen Aufwand neuer Hauptfeststellungen noch durch geringe Höhe der individuellen Steuerlast noch durch Praktikabilitätserwägungen gerechtfertigt sind.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Art. 3 „(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Art. 72 „(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. (2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht. (3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über: 1. das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine); 2. den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes); 3. die Bodenverteilung; 4. die Raumordnung; 5. den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen); 6. die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse. Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor. (4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.“ Bewertungsgesetz BewG §§ 19, 20, 21, 27, § 76 Abs. 1, § 93 Abs. 1 Satz 2 Quelle: Pressemitteilung Nr. 21/2018 vom 10. April 2018 Hinweis: Nächster Seminartermin

Wie viele bezahlbare Wohnungen fehlen in Deutschland?

In den 77 deutschen Großstädten fehlen gut 1,9 Millionen bezahlbare Wohnungen, darunter etwa 1,4 Millionen günstige Apartments unter 45 Quadratmetern für Einpersonenhaushalte. Zu diesen Ergebnissen kommt eine neue, von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Studie. Gemessen an den finanziellen Möglichkeiten der lokalen Bevölkerung besteht ein besonders großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum einerseits in einwohnerstarken Städten mit vielen Niedrigverdienern (etwa Berlin, Leipzig, Dresden), andererseits in Großstädten mit hohem Mietniveau (z.B. München, Stuttgart, Düsseldorf). Konkret fehlen in Berlin mit rund 310.000 bundesweit die meisten bezahlbaren Wohnungen. Es folgen Hamburg mit einer Lücke von 150.000, Köln mit 86.000 und München mit 78.000 Wohnungen. Doch selbst in Großstädten mit relativ kleinen „Versorgungslücken“ (bezahlbare Wohnungen) wie Moers, Wolfsburg, Koblenz oder Ulm überschreitet der Bedarf an günstigen Wohnungen das Angebot jeweils um mehrere tausend. Schaut man auf die Bundesländer, ist das Defizit im bevölkerungsstärksten Land Nordrhein-Westfalen mit knapp 550.000 Wohnungen am größten, gefolgt von Berlin, Bayern (rund 192.000), Baden-Württemberg (rund 156.000), Niedersachsen (110.000) und Sachsen (105.000). In der Untersuchung gleichen Stadtsoziologen der Humboldt-Universität Berlin und der Goethe-Universität Frankfurt die jeweiligen Einkommen von Großstadthaushalten und das lokale Angebot an Mietwohnungen miteinander ab. Auf Basis der aktuellsten verfügbaren Daten aus dem Mikrozensus 2014 liefern sie detaillierte Zahlen für alle deutschen Großstädte. Trotz stärkerer Neubautätigkeit dürfte die Versorgungslücke derzeit weiter wachsen, warnen die Wissenschaftler. Denn die Angebotsmieten bei Neuvermietung sind in fast allen Großstädten höher als die Bestandsmieten „und bieten keinen Beitrag zur Verbesserung der sozialen Wohnungsversorgung in den Großstädten“, konstatieren die Forscher Dr. Henrik Lebuhn, Dr. Andrej Holm, Stephan Junker und Kevin Neitzel. Um die Lücke bei bezahlbaren Wohnungen zu verkleinern, sei es sehr wichtig, das Angebot an (bezahlbare Wohnungen) Kleinwohnungen mit Nettokaltmieten von vier bis fünf Euro pro Quadratmeter stark auszubauen. „Das ist nur durch eine deutliche Stärkung des sozialen Wohnungsbau möglich“, betonen die Wissenschaftler. „Dazu müssen einerseits weitaus mehr Sozialwohnungen als in den vergangenen Jahren neu entstehen. Andererseits muss auch die Sozial- und Mietpreisbindung im Wohnungsbestand wieder ausgeweitet werden.“ Dazu könnten beispielsweise öffentliche Träger Privatvermietern Wohnungen abkaufen. Die Forscher hatten in einer ebenfalls von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung vom September 2017 bereits ermittelt, dass vier von 10 Großstadt-Haushalten in Deutschland mindestens 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Bruttokaltmiete – das heißt, inklusive Nebenkosten, ohne Heizkosten – zahlen müssen. Bei Sozialwissenschaftlern wie bei Immobilienexperten gilt eine Mietbelastungsquote oberhalb von 30 Prozent des Haushaltseinkommens als problematisch. Auch viele Vermieter ziehen hier eine Grenze, weil sie zweifeln, dass Mieter sich ihre Wohnung dauerhaft leisten können. Datenblatt: Versorgungslücken an bezahlbare Wohnungen In der neuen Studie widmen sich die Forscher nun dem „harten Kern“ der aktuellen Wohnungsnot. Dazu leuchten sie die Lücke zwischen Nachfrage und Angebot aus, die sich im vorhandenen Wohnungsbestand auch theoretisch nicht schließen ließe – indem man etwa alle Haushalte in einer Stadt zu einem Stichtag in die in Puncto Größe und Miethöhe für sie am ehesten passende Wohnung umziehen ließe. Selbst unter diesen – faktisch unrealistischen – „Idealbedingungen“ bleiben in den Großstädten 1,9 Millionen Haushalte mit etwas über zwei Millionen Personen übrig, die keine finanziell passende Unterkunft finden und auf Wohnungen ausweichen müssen, die eigentlich einen zu hohen Mietpreis pro Quadratmeter haben und/oder zu groß sind. Daher müssen diese Haushalte mehr als 30 Prozent ihres Haushaltseinkommens für die Bruttowarmmiete (inklusive Neben- und Heizkosten) ausgeben und sind dadurch überlastet. Sozialtransfers und Wohngeld sind bei der Berechnung bereits berücksichtigt. Das etwas weiter gefasste Kriterium für finanzielle Überlastung legen die Forscher an, weil die betroffenen Haushalte meist ein verfügbares Einkommen von maximal 80 Prozent des deutschen Mittelwerts haben. Knapp 1,5 Millionen von ihnen verfügen sogar nur über maximal 60 Prozent des mittleren Einkommens und gelten deshalb als armutsgefährdet. Das entspricht inklusive aller Sozialtransfers weniger als 1.1187 Euro (unter 60%: 890 Euro) monatlich bei einem Single-Haushalt oder 2.374 Euro (1.781 Euro) bei einem Drei-Personenhaushalt. Haushalten mit so geringen Einkommen bleibt absolut nur wenig Geld für die tägliche Lebensführung, wenn sie 30 Prozent oder mehr ihres Einkommens für die Warmmiete ausgeben müssen. Da sich die Zahl von 1,9 Millionen Haushalten, für die bezahlbare Wohnungen fehlen, aus dem Mikrozensus 2014 ergibt und die Mieten seitdem weiter deutlich gestiegen sind, gehen die Forscher davon aus, dass die Lücke an Sozialwohnungen mittlerweile sogar noch größer ist. Die Studie gibt auch Aufschluss darüber, welche deutschen Großstädte sich Angehörige bestimmter Einkommensklassen noch „leisten“ können und welche nicht. So haben maximal 40 Prozent unter den armutsgefährdeten Haushalten in sämtlichen Millionenstädten, aber auch in zahlreichen anderen Orten wie Freiburg, Stuttgart, Düsseldorf, Kiel, Bonn, Münster, Regensburg, Aachen oder Darmstadt eine für sie bezahlbare Wohnung. Relativ entspannt ist die Situation nach den Mikrozensus-Daten lediglich in wenigen Städten, darunter Bottrop oder Ulm. Unter Haushalten mit Einkommen von 60 bis 80 Prozent des Mittelwerts ist die „Versorgungsquote“ generell höher. Doch auch von ihnen leben in Städten wie Heidelberg, Bergisch-Gladbach, Wiesbaden, Münster, Hamburg, Darmstadt oder München maximal 75 Prozent in bezahlbaren Wohnungen. Schaut man auf alle Haushalte mit Einkommen bis zum Mittelwert, ist es in gefragten Studentenstädten wie Freiburg, Regensburg, Münster oder Aachen am schwierigsten, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Quelle: Pressemitteilung 08.04.2018 Hinweis: Nächster Seminartermin

Neues zur Weiterbildung für Makler und Immobilienverwalter.

Die Bundesregierung hat am 21.03.2018 einen Entwurf der vierten Verordnung zur Änderung der Makler- und Bauträgerverordnungbeim beim Bundesrat eingebracht. Durch § 34c Absatz 2a GewO in Verbindung mit § 15b Absatz 1 MaBV wird eine Pflicht zu einer regelmäßigen Weiterbildung in einem Umfang von 20 Stunden in einem Zeitraum von drei Jahren eingeführt. Die Weiterbildungspflicht betrifft sowohl die Gewerbetreibenden (Immobilienmakler und Wohnimmobilienverwalter) als auch deren Beschäftigte, die unmittelbar bei der Durchführung der erlaubnispflichtigen Tätigkeiten nach § 34c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und Nummer 4 GewO mitwirken. Umfang: 20 Stunden Fortbildung innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren, regelmäßig. Inhalt:
  • Inhaltliche Anforderungen an die Weiterbildung für Immobilienmakler regelt die Anlage 1 A (zu § 15b Absatz 1). Weitere Informationen
  • Inhaltliche Anforderungen an die Weiterbildung für Wohnimmobilienverwalter regelt die Anlage 1 B (zu § 15b Absatz 1). Weitere Informationen
Form: Nach §34c Satz 3 können alle Formen der Weiterbildung genutzt werden, das heißt nicht nur die Teilnahme an Präsenzveranstaltungen und von Schulungen und Seminaren durch externe Anbieter, sondern auch blended-Learning, e-Learning, aber auch die Teilnahme an betriebsinternen Weiterbildungsmaßnahmen. Bei Weiterbildungsmaßnahmen im begleiteten Selbststudium ist jedoch eine nachweisbare Lernerfolgskontrolle durch den Anbieter der Weiterbildung erforderlich. Dadurch wird ausgeschlossen, dass zum Beispiel das bloße Lesen von Fachliteratur ohne fachliche Begleitung durch den Weiterbildungsanbieter (unbegleitetes Selbststudium) gegenüber der zuständigen Behörde als Weiterbildungsmaßnahme angegeben wird. Die Weiterbildungsmaßnahme muss bestimmten Mindestanforderungen an die Qualität genügen, die in der Anlage 2 aufgeführt sind. Der Anbieter der Weiterbildungsmaßnahme muss gewährleisten, dass er diese Mindestanforderungen einhält. Die Anforderungen der Anlage 2 gelten auch für betriebsinterne Weiterbildungsmaßnahmen sowie für Weiterbildungsangebote für selbstgesteuertes Lernen mit Lernerfolgskontrolle. Wie er dies sicherstellt, bleibt ihm überlassen. Die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme muss von dem zur Weiterbildung Verpflichteten dokumentiert werden, indem er die entsprechenden Nachweise wie Teilnahmebescheinigungen oder Zertifikate sammelt. Er hat die entsprechenden Nachweise (Teilnahmebescheinigungen etc.) für einen Zeitraum von fünf Jahren aufzubewahren. Die zuständigen Behörden haben damit die Möglichkeit, im Einzelfall die Erklärung des Verpflichteten zu prüfen. Erklärungspflicht: Der zur Weiterbildung Verpflichtete hat darüber hinaus nach Absatz 3 alle drei Kalenderjahre bis zum 31. Januar des Folgejahres gegenüber der zuständigen Behörde eine Erklärung abzugeben über die Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme. Informationspflicht: Die neu angefügte Nummer 3 in Satz 1 verpflichtet den Gewerbetreibenden, dem Auftraggeber auf dessen Anfrage unverzüglich Angaben über die von ihm und seinen weiterbildungsverpflichteten Beschäftigten in den letzten drei Kalenderjahren absolvierten Weiterbildungsmaßnahmen sowie über die vorliegenden berufsspezifischen Qualifikationen,zum Beispiel eines Ausbildungsabschlusses als Immobilienkaufmann/Immobilienkauffrau oder eines Weiterbildungsabschlusses als Geprüfter Immobilienfachwirt/Geprüfte Immobiienfachwirtin, zu machen. Der Gewerbetreibende kann diese Informationspflicht durch Verweis auf entsprechende Angaben auf seiner Internetseite erfüllen. Weitere Informationen Bußgeld: (§ 18 MaBV) Es werden neue Ordnungswidrigkeitstatbestände eingeführt. Danach kann die Nichteinhaltung der Pflichten nach § 15b, wonach der Gewerbetreibende Nachweise und Unterlagen über absolvierte Weiterbildungsmaßnahmen aufbewahren muss sowie eine Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde über die absolvierten Weiterbildungsmaßnahmen abzugeben hat, mit einem Bußgeld in Höhe von bis zu 5.000 € geahndet werden.

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Kann ein Wohnungseigentümer vom Nachbarn verbesserten Schallschutz verlangen?

Der BGH hat entschieden, dass eine Wohnungseigentümerin von den benachbarten Wohnungseigentümern nicht verlangen kann, dass diese nach einer Modernisierung ihres Badezimmers den Schallschutz auf einen Trittschall <= 46 dB verbessern.
    BGH Urteil von 16.03.2016 ZR 276/16
Die Parteien sind Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage wurde im Jahr 1990 errichtet. Die Wohnung der Beklagten liegt über der der Klägerin. Bei einer Modernisierung ihres Badezimmers im Jahr 2012 ließen die Beklagten den Estrich vollständig entfernen und eine Fußbodenheizung einbauen. Ferner wurden der Fliesenbelag sowie sämtliche Sanitärobjekte erneuert und eine Steigleitung unter Putz verlegt. Gestützt auf die Behauptung, der Schallschutz habe sich durch die Baumaßnahme verschlechtert, verlangt die Klägerin, dass die Beklagten bestimmte Schallschutzmaßnahmen vornehmen; hilfsweise will sie der Sache nach erreichen, dass die Beklagten ein Schallschutzniveau herstellen, das dem technischen Stand zur Zeit der Sanierung im Jahr 2012 entspricht (Trittschallschutz gemäß Schallschutzstufe III der Richtlinie VDI 4100:2012-10: <=37 dB, hilfsweise Schallschutzstufe II der genannten Richtlinie: <= 44 dB).
    Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
  • § 15 Wohnungseigentumsgesetz Gebrauchsregelung
„(1) Die Wohnungseigentümer können den Gebrauch des Sondereigentums und des gemeinschaftlichen Eigentums durch Vereinbarung regeln. (2) Soweit nicht eine Vereinbarung nach Absatz 1 entgegensteht, können die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit einen der Beschaffenheit der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden ordnungsmäßigen Gebrauch beschließen. (3) Jeder Wohnungseigentümer kann einen Gebrauch der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit sich die Regelung hieraus nicht ergibt, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht.“
  • § 22 Wohnungseigentumsgesetz Besondere Aufwendungen, Wiederaufbau
„(1) Bauliche Veränderungen und Aufwendungen, die über die ordnungsmäßige Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, können beschlossen oder verlangt werden, wenn jeder Wohnungseigentümer zustimmt, dessen Rechte durch die Maßnahmen über das in § 14 Nr. 1 bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Die Zustimmung ist nicht erforderlich, soweit die Rechte eines Wohnungseigentümers nicht in der in Satz 1 bezeichneten Weise beeinträchtigt werden. (2) Maßnahmen gemäß Absatz 1 Satz 1, die der Modernisierung entsprechend § 555b Nummer 1 bis 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder der Anpassung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Stand der Technik dienen, die Eigenart der Wohnanlage nicht ändern und keinen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig beeinträchtigen, können abweichend von Absatz 1 durch eine Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile beschlossen werden. Die Befugnis im Sinne des Satzes 1 kann durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (3) Für Maßnahmen der modernisierenden Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 verbleibt es bei den Vorschriften des § 21 Abs. 3 und 4. (4) Ist das Gebäude zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört und ist der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt, so kann der Wiederaufbau nicht gemäß § 21 Abs. 3 beschlossen oder gemäß § 21 Abs. 4 verlangt werden.“
  • § 14 Wohnungseigentumsgesetz Pflichten des Wohnungseigentümers
Jeder Wohnungseigentümer ist verpflichtet: „1. die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile so instand zu halten und von diesen sowie von dem gemeinschaftlichen Eigentum nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, daß dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst; 2. für die Einhaltung der in Nummer 1 bezeichneten Pflichten durch Personen zu sorgen, die seinem Hausstand oder Geschäftsbetrieb angehören oder denen er sonst die Benutzung der im Sonder- oder Miteigentum stehenden Grundstücks- oder Gebäudeteile überläßt; 3. Einwirkungen auf die im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile und das gemeinschaftliche Eigentum zu dulden, soweit sie auf einem nach Nummer 1, 2 zulässigen Gebrauch beruhen; 4. das Betreten und die Benutzung der im Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlich ist; der hierdurch entstehende Schaden ist zu ersetzen.“ Vorinstanzen AG Hamburg-Harburg, Urt. v. 09.10.2015 – 643 C 205/13 WEG LG Hamburg, Urt. v. 26.10.2016 – 318 S 10/16 WEG Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 53/2018 v. 16.03.2018 Hinweis: Nächster Seminartermin

Verteilung von unberechtigten Ausgaben in der Jahresabrechnung

Soweit jedoch berechtigte Zweifel an der gesonderten Kostentragungspflicht einzelner Miteigentümer bestehen, weil die Zuordnung der Ausgaben unklar ist. Können Ausgaben, die möglicherweise keine gemeinschaftlichen Kosten darstellen, nach dem allgemeinen Verteilungsschlüssel dennoch umgelegt werden. So das LG Hamburg, Urteil vom 13.09.2017 – 318 S 66/16 Sachverhalt Am Garten einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestehen teilweise Sondernutzungsrechte einzelner Wohnungseigentümer. Die für die Gemeinschaft maßgebliche Teilungserklärung regelt, dass der jeweilige Wohnungseigentümer die ihm zur Sondernutzung zugewiesene Grundstücksfläche instand zu halten und instand zu setzen sowie die Kosten hierfür zu tragen hat. Der Verwalter der Wohnungseigentümeranlage beauftragte einen Gärtner mit der Pflege des gesamten Gartens, also auch mit Arbeiten, hier Schnitt einer Eibenhecke, auf den Sondernutzungsflächen. Die hierfür aufgewendeten Kosten nahm er in die Jahresabrechnung auf und verteilte sie insgesamt nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel. Eine Differenzierung nach Kosten für Arbeiten auf den Sondernutzungsflächen und für Arbeiten auf den Allgemeinflächen erfolgte nicht. Wegen des Beschlusses, mit welchem die Jahresabrechnung genehmigt wurde, erhob eine Wohnungseigentümerin hinsichtlich der Position Gartenpflegekosten Beschlussanfechtungsklage. Sie ist der Auffassung, dass die Jahresabrechnung nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, weil die Kosten, die für den Schnitt der Eibenhecken auf den Sondernutzungsflächen angefallen sind, gemäß Teilungserklärung von den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten zu tragen sind. Das zuständige Amtsgericht gab der Klägerin Recht und erklärte den Genehmigungsbeschluss insoweit für ungültig, woraufhin ein Teil der übrigen Wohnungseigentümer Berufung einlegte. Entscheidung Mit Erfolg! Das Landgericht hob das Urteil auf und wies die Klage ab. „Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht der Klage stattgegeben. Zwar obliegt dem jeweiligen Wohnungseigentümer gemäß der Regelungen in der Teilungserklärung die Pflege der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche einschließlich der sich auf dieser Fläche befindlichen Eibenhecke. Dieser hat auch die dafür anfallenden Kosten zu tragen (dazu unter 2.1.). Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts widerspricht es jedoch vorliegend nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, die Kosten der Gartenpflege in den Einzelabrechnungen nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umzulegen.“ … „Der Beschluss über die Genehmigung der Jahreseinzelabrechnung widerspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Kosten der Gartenpflege als Ausgaben der Gemeinschaft in die Jahresabrechnung eingestellt und in den jeweiligen Einzelabrechnungen den einzelnen Wohnungseigentümern entsprechend dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel auferlegt wurden. Wie dargelegt, obliegt dem jeweiligen Wohnungseigentümer die Pflege der ihm zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenfläche einschließlich der sich auf dieser Fläche befindlichen Eibenhecke. Der Verwalter hat mit der Beauftragung der Firma L. zur Vornahme der Pflege auch dieser Gartenflächen mithin Ausgaben getätigt, die jedenfalls insoweit nicht zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums gehören. Solche unberechtigten Ausgaben sind in die Jahresabrechnung aufzunehmen (BGH, Urteil vom 04.03.2011 – V ZR 156/10). Hat der Verwalter unberechtigte Ausgaben getätigt, die Sondereigentum oder Sondernutzungsflächen betreffen, können diese sodann in den Einzelabrechnungen auf die Wohnungseigentümer umgelegt werden, deren Sondereigentum bzw. Sondernutzungsfläche betroffen ist, wenn die Zuordnung der Ausgaben unzweifelhaft ist (Niedenführ in Niedenführ/Vandenhouten, WEG, 12. Auflage, § 28 Rn. 67, m.w.N.). Ist die Umlage der Ausgaben auf einzelne Wohnungseigentümer hingegen zweifelhaft, entspricht es ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn diese Kosten in ihrer Gesamtheit nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel verteilt werden, anstatt die jeweils betroffenen Wohnungseigentümer hiermit im Wege der Einzelabrechnung zu belasten. Denn die Einzelabrechnung ist nach ihren Rechtswirkungen und ihrer Funktion für die Gemeinschaft nicht geeignet, das Bestehen von Erstattungs- oder Schadensersatzansprüchen gegen einzelne Miteigentümer zu klären. Jedenfalls wenn berechtigte Zweifel an der gesonderten Kostentragungspflicht einzelner Miteigentümer bestehen, ist es nicht zu beanstanden, wenn tatsächliche Ausgaben der Gemeinschaft, die möglicherweise keine gemeinschaftlichen Kosten darstellen, im Rahmen der Einzelabrechnungen nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschlüssel umgelegt werden (OLG Hamm, Beschluss vom 22.02.2007 – 15 W 322/06). Dies gilt umso mehr, als durch die Beschlussfassung über die Jahresabrechnung die Rechtsstellung der Gemeinschaft gegenüber möglichen Regressschuldnern nicht beeinträchtigt wird (BGH, a.a.O.). Vorliegend ist vollkommen unklar, welche von der Firma L. in Rechnung gestellten Gartenpflegearbeiten (vgl. Anlagenkonvolut K 2) sich auf das Gemeinschaftseigentum beziehen und welche auf die zur Sondernutzung zugewiesenen Gartenflächen. In den Rechnungen befindet sich keinerlei örtliche Differenzierung der vorgenommenen Arbeiten. Ob und in welcher Höhe die streitgegenständlichen Gartenpflegekosten auf diejenigen Wohnungseigentümer umgelegt werden können, denen eine Gartenfläche zur Sondernutzung zugewiesen wurde, ist mithin unklar.“ so das Landgericht vorhergehend: AG Hamburg, 22.04.2016 – 102d C 121/13 Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
  • § 16 Nutzungen, Lasten und Kosten
(1) Jedem Wohnungseigentümer gebührt ein seinem Anteil entsprechender Bruchteil der Nutzungen des gemeinschaftlichen Eigentums. Der Anteil bestimmt sich nach dem gemäß § 47 der Grundbuchordnung im Grundbuch eingetragenen Verhältnis der Miteigentumsanteile. (2) Jeder Wohnungseigentümer ist den anderen Wohnungseigentümern gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums sowie die Kosten der Instandhaltung, Instandsetzung, sonstigen Verwaltung und eines gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums nach dem Verhältnis seines Anteils (Absatz 1 Satz 2) zu tragen. (3) Die Wohnungseigentümer können abweichend von Absatz 2 durch Stimmenmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums im Sinne des § 556 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die nicht unmittelbar gegenüber Dritten abgerechnet werden, und die Kosten der Verwaltung nach Verbrauch oder Verursachung erfasst und nach diesem oder nach einem anderen Maßstab verteilt werden, soweit dies ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. (4) Die Wohnungseigentümer können im Einzelfall zur Instandhaltung oder Instandsetzung im Sinne des § 21 Abs. 5 Nr. 2 oder zu baulichen Veränderungen oder Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 und 2 durch Beschluss die Kostenverteilung abweichend von Absatz 2 regeln, wenn der abweichende Maßstab dem Gebrauch oder der Möglichkeit des Gebrauchs durch die Wohnungseigentümer Rechnung trägt. Der Beschluss zur Regelung der Kostenverteilung nach Satz 1 bedarf einer Mehrheit von drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer im Sinne des § 25 Abs. 2 und mehr als der Hälfte aller Miteigentumsanteile. (5) Die Befugnisse im Sinne der Absätze 3 und 4 können durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. (6) Ein Wohnungseigentümer, der einer Maßnahme nach § 22 Abs. 1 nicht zugestimmt hat, ist nicht berechtigt, einen Anteil an Nutzungen, die auf einer solchen Maßnahme beruhen, zu beanspruchen; er ist nicht verpflichtet, Kosten, die durch eine solche Maßnahme verursacht sind, zu tragen. Satz 1 ist bei einer Kostenverteilung gemäß Absatz 4 nicht anzuwenden. (7) Zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2 gehören insbesondere Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 18 und der Ersatz des Schadens im Falle des § 14 Nr. 4. (8) Kosten eines Rechtsstreits gemäß § 43 gehören nur dann zu den Kosten der Verwaltung im Sinne des Absatzes 2, wenn es sich um Mehrkosten gegenüber der gesetzlichen Vergütung eines Rechtsanwalts aufgrund einer Vereinbarung über die Vergütung (§ 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 Nr. 6) handelt.
  • § 28 Wirtschaftsplan, Rechnungslegung
(1) Der Verwalter hat jeweils für ein Kalenderjahr einen Wirtschaftsplan aufzustellen. Der Wirtschaftsplan enthält: 1. die voraussichtlichen Einnahmen und Ausgaben bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; 2. die anteilmäßige Verpflichtung der Wohnungseigentümer zur Lasten- und Kostentragung; 3. die Beitragsleistung der Wohnungseigentümer zu der in § 21 Abs. 5 Nr. 4 vorgesehenen Instandhaltungsrückstellung. (2) Die Wohnungseigentümer sind verpflichtet, nach Abruf durch den Verwalter dem beschlossenen Wirtschaftsplan entsprechende Vorschüsse zu leisten. (3) Der Verwalter hat nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aufzustellen. (4) Die Wohnungseigentümer können durch Mehrheitsbeschluß jederzeit von dem Verwalter Rechnungslegung verlangen. (5) Über den Wirtschaftsplan, die Abrechnung und die Rechnungslegung des Verwalters beschließen die Wohnungseigentümer durch Stimmenmehrheit. Quelle: IMRRS 2018, 0161Entscheidung im Volltext Hinweis: Nächster Seminartermin

Räum- und Streupflicht (Winterdienst)

Bundesgerichtshof zur Räum- und Streupflicht (Winterdienst) des Vermieters, Urteil vom 21. Februar 2018 – VIII ZR 255/16 Sachverhalt: „Die Beklagte ist Eigentümerin eines Anwesens in der Innenstadt von München, in welchem eine Wohnung an die frühere Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau des Klägers vermietet war. Zwischen den Parteien steht nicht in Streit, dass die Räum- und Streupflicht (Winterdienst) für den Gehweg vor dem Grundstück der Beklagten grundsätzlich bei der Stadt München, der Streithelferin der Beklagten, liegt. Am 17. Januar 2010 stürzte der Kläger gegen 9.10 Uhr beim Verlassen des Wohnhauses auf einem schmalen von der Streithelferin nicht geräumten Streifen des öffentlichen Gehwegs im Bereich des Grundstückseingangs vor dem Anwesen der Beklagten. Hierbei zog er sich Frakturverletzungen am rechten Knöchel zu. Die Streithelferin hatte den Gehweg mehrfach geräumt und gestreut, wenn auch nicht auf der ganzen Breite und auch nicht bis zur Schwelle des unmittelbar an den Gehweg angrenzenden Anwesens der Beklagten. Die Beklagte wiederum hatte keine Schneeräumarbeiten auf dem Gehweg vorgenommen, weil sie ihrer Meinung nach dazu nicht verpflichtet war. Die auf Zahlung materiellen Schadensersatzes in Höhe von 4.291,20 €, eines angemessenen Schmerzensgeldes (jeweils nebst Zinsen) sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfall gerichtete Klage blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.“ Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:Urteil vom 21. Februar 2018 – VIII ZR 255/16 „Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Vermieter und Grundstückseigentümer, dem die Gemeinde nicht (als Anlieger) die allgemeine Räum- und Streupflicht übertragen hat, regelmäßig nicht verpflichtet ist, auch über die Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen. Zwar ist ein Vermieter aus dem Mietvertrag (in dessen Schutzbereich vorliegend auch der Kläger als Lebensgefährte der Mieterin einbezogen war) verpflichtet, dem Mieter während der Mietzeit den Gebrauch der Mietsache und damit auch den Zugang zum Mietobjekt zu gewähren (§ 535 Abs. 1 BGB). Dazu gehört es grundsätzlich auch, die auf dem Grundstück der vermieteten Wohnung befindlichen Wege, insbesondere vom Hauseingang bis zum öffentlichen Straßenraum, zu räumen und zu streuen. Die gleiche Pflicht trifft den Eigentümer eines Grundstücks im Übrigen auch im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht (§ 823 Abs. 1 BGB) etwa gegenüber Mietern, Besuchern und Lieferanten. Vorliegend ist der Kläger allerdings nicht auf dem Grundstück, sondern auf dem öffentlichen Gehweg gestürzt. Die dem Vermieter seinen Mietern gegenüber obliegende (vertragliche) Verkehrssicherungspflicht beschränkt sich jedoch regelmäßig auf den Bereich des Grundstücks. Entsprechendes gilt für die allgemeine (deliktische) Verkehrssicherungspflicht des Eigentümers, sofern die Räum- und Streupflicht für den öffentlichen Gehweg von der Gemeinde nicht auf die Eigentümer (Anlieger) übertragen ist. Im Streitfall lag die Verkehrssicherungspflicht für den öffentlichen Gehweg vor dem Anwesen indes bei der Streithelferin und nicht bei der insoweit vom Winterdienst befreiten Beklagten. Eine Ausweitung der betreffenden Verkehrssicherungspflicht über die Mietsache beziehungsweise über das Grundstück hinaus kommt demgegenüber allenfalls ausnahmsweise bei Vorliegen ganz außergewöhnlicher Umstände in Betracht, die im Streitfall aber nicht gegeben waren. Das Berufungsgericht hat es daher mit Recht als dem Kläger zumutbar angesehen, mit der gebotenen Vorsicht den schmalen, nicht geräumten Streifen des Gehwegs zu überqueren, um zu dem (durch die Streithelferin) von Schnee und Eis befreiten Bereich zu gelangen. Der Senat hat die Revision des Klägers deshalb zurückgewiesen.“ Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 535 BGB Inhalt und Hauptpflichten des Mietvertrages „(1) Durch den Mietvertrag wird der Vermieter verpflichtet, dem Mieter den Gebrauch der Mietsache während der Mietzeit zu gewähren. Der Vermieter hat die Mietsache dem Mieter in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Mietzeit in diesem Zustand zu erhalten. Er hat die auf der Mietsache ruhenden Lasten zu tragen. (2) Der Mieter ist verpflichtet, dem Vermieter die vereinbarte Miete zu entrichten.“ § 823 BGB Schadensersatzpflicht „(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.“ Vorinstanzen:
  • LG München – Urteil vom 14. Januar 2016 – 2 O 28823/13
  • OLG München – Urteil vom 6. Oktober 2016 – 1 U 790/16
Quelle: Mitteilung der Pressestelle Nr. 36/2018 Hinweis: Nächster Seminartermin

Betriebskosten: Muss der Vermieter bei fehlender WEG-Abrechnung abrechnen?

Der Vermieter einer Eigentumswohnung hat über die Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters grundsätzlich innerhalb der Jahresfrist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB abzurechnen, auch wenn der WEG-Beschluss nach § 28 Abs. 5 WEG zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegt. Eine Entlastung hinsichtlich einer nicht fristgerecht vorgenommenen Abrechnung kommt aber dann in Betracht, wenn die Fristversäumnis für den Vermieter unverschuldet ist. Dies ist dann der Fall, wenn aufgrund eines Rechtsstreits innerhalb der WEG keine Einzelabrechnungen über die Heizkosten vorliegen und der Vermieter dies dem Mieter mitteilt. Im Allgemeinen muss der Vermieter innerhalb von 6 Monaten über die Kaution abrechnen; im Einzelfall kann die Abrechnungsfrist aber auch länger sein. Denn die Mietkaution sichert alle – auch die noch nicht fälligen – Ansprüche des Vermieters, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben. Dazu gehören auch Ansprüche aus einer noch zu erstellenden Betriebskostenabrechnung. Der Vermieter darf die Kaution über den regulären Abrechnungszeitraum hinaus zurückbehalten, wenn ein Nachzahlungsanspruch zu seinen Gunsten für noch nicht fällige Betriebskosten zu erwarten ist. So das LG München I, Urteil vom 18.01.2018 – 31 S 11267/17 „Die Beklagte trifft an der verspätet geltend gemachten Nebenkostenabrechnung für 2015, die die Beklagte grundsätzlich bis zum 31.12.16 gemäß § 556 II 2 BGB hätte abrechnen müssen, kein Verschulden, sodass vorliegend der Ausnahmetatbestand des § 556 III 3 BGB eingreift. Denn die Beklagte hat unverschuldet nicht fristgerecht abgerechnet. Eine Abrechnung war der Beklagten bis zum 31.12.16 nicht möglich, da der Beklagten die Grundlagen für eine Heizkostenabrechnung fehlten. Denn über diese war ein WEG-Rechtsstreit, auch für die Abrechnung 2015 anhängig, indem ein gerichtliches Sachverständigengutachten erholt wurde. Erst am 08.09.17, widerruflich bis 06.10.17, haben die WEG-Eigentümer einen Vergleich geschlossen. Nachdem dieser nicht widerrufen wurde, erfolgte noch Oktober 2017 die Abrechnung und die Beklagte erstellte am 1.11.17 die endgültige Kautions- und Nebenkostenabrechnung des Beklagten. Die Entscheidung steht auch im Einklang mit der Entscheidung des BGH vom 25.01.17, Az: VIII ZR 249/15. Zwar hat danach der Vermieter einer Eigentumswohnung über die Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters grundsätzlich innerhalb der Jahresfrist des § 556 III 2 BGB abzurechnen, auch wenn der WEG-Beschluss nach § 28 Abs. 5 WEG zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorliegt. Aber eine Entlastung hinsichtlich einer nicht fristgerecht vorgenommenen Abrechnung kommt nach dieser Entscheidung jedenfalls dann in Betracht, wenn die Fristversäumnis für den Vermieter wie hier der Fall unverschuldet ist. Hier hat die Beklagte anders als in dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall den Entlastungsbeweis geführt. Denn die Beklagte hatte dem Kläger mit Schreiben vom 12.12.16 (B1) ordnungsgemäß mitgeteilt, dass eine endgültige fristgerechte Abrechnung aufgrund des anhängigen Rechtsstreits wegen fehlender Einzelabrechnungen der Heizkosten für 2015 nicht möglich ist. Mehr konnte und durfte der Kläger von der Beklagten nicht erwarten. Die Dauer des Rechtsstreits mit Gutachtenserstellung durch einen gerichtlichen Sachverständigen konnte die Beklagte nicht beeinflussen, weshalb von ihr im Gegensatz zu dem von BGH zu entscheidenden Verfahren, gelungen ist, nachzuweisen, dass die verspätete Abrechnung durch die beklagte Vermieterin unverschuldet erfolgte.“ … „Nachdem die Beklagte wie unter Ziffer 2 ausgeführt, zutreffend vor Fristablauf nicht endgültig über die Betriebskosten 2015 abrechnen konnte, bestand für die Beklagte keine Pflicht zur Teilabrechnung, § 556 III 4 BGB. Die seitens der Beklagten überobligatorisch erfolgte vorläufige Nebenkostenabrechnung 2015 vom 12.12.16 kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu führen, dass die Beklagte aufgrund der vorgenommenen Schätzung der Position Heizung/Warmwasser mangels Angabe der Schätzgrundlagen in der vorläufigen Abrechnung die erstinstanzlich ausgeurteilten Euro 602,64 vorläufig zurückzuzahlenden Nebenkostenvorauszahlungen zurückerhält. Ebenfalls war es der Beklagten, wie mit dem Schreiben in Anlage B8 erfolgt, mangels Verschuldens der verspäteten Abrechnung möglich, auch mit dem verbleibenden Kautionsanspruch des Klägers aufzurechnen. Auch kam es zur Entscheidung des Rechtsstreits, entgegen der Ansicht des Erstgerichts nicht darauf an, ob die vorläufige Nebenkostenabrechnung formell ordnungsgemäß erfolgt ist, denn aufgrund des Fehlens des Verschuldens der Beklagten hinsichtlich einer fristgemäßen endgültigen Abrechnung hätte es gar keiner Abrechnung der Beklagten bedurft und diese kann deshalb auch im Hinblick auf eine fehlende Angabe der von Schätzgrundlagen der vorläufig abgerechneten Heiz- und Warmwasserkosten auch für die Beklagte keine nachteiligen Auswirkungen entfalten. Soweit die Schätzung der Beklagten über dem tatsächlich nunmehr endgültigen Verbrauch des Klägers lag, ist die Differenz von rund Euro 400,00 nicht zu beanstanden. Die Schätzung, die die Klägerin aus den Abrechnungen der vorangegangenen Jahre unbestrittenen ermittelt hat, ist nicht zu beanstanden. Die Beklagte durfte in Erwartung der noch ausstehenden endgültigen Heizkostenabrechnung 2015 und aufgrund der Nachzahlungen des Klägers in den Vorjahren aufgrund ihrer berechtigten Erwartung einer Nachzahlungspflicht des Klägers auch die Kaution des Klägers bis zur endgültigen Abrechnung der Heizkosten 2015 einbehalten. Insoweit stand der Beklagten ein Zurückbehaltungsrecht zu. Der Vermieter darf die Kaution über den regulären Abrechnungszeitraum hinaus zurückbehalten, wenn – wie hier – ein Nachzahlungsanspruch zu seinen Gunsten für noch nicht fällige Betriebskosten zu erwarten ist. Zwar muss im Allgemeinen der Vermieter innerhalb von 6 Monaten über die Kaution abrechnen; im Einzelfall kann die Abrechnungsfrist aber auch länger sein. Denn die Mietkaution sichert alle – auch die noch nicht fälligen – Ansprüche des Vermieters, die sich aus dem Mietverhältnis und seiner Abwicklung ergeben. Dazu gehören auch Ansprüche aus einer noch zu erstellenden Betriebskostenabrechnung. Wird eine keine anderslautende Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen, gilt kraft Gesetzes ein umfassender Sicherungszweck. Maßgeblich ist, wann die Abrechnung möglich ist (BGH, Urteil vom 18.1.2006 – VIII ZR 71/05 a.A. Schmidt-Futterer/Blank BGB § 551 Rn. 99 f., beck-online). Im hiesigen Fall hatte das Interesse des Klägers an einer zügigen Abrechnung der Kaution nach Vertragsende in gegenüber dem Sicherungsinteresse der Beklagten als Vermieterin an der Kaution bis zur Klärung der Frage, ob noch Nachzahlungen aufgrund der Heizkostenabrechnung 2015 klägerseits zu leisten sind, zurückzustehen.“ vorhergehend: AG München, 29.06.2017 – 472 C 6762/17 Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 556 BGB Vereinbarungen über Betriebskosten (1) Die Vertragsparteien können vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Betriebskosten sind die Kosten, die dem Eigentümer oder Erbbauberechtigten durch das Eigentum oder das Erbbaurecht am Grundstück oder durch den bestimmungsmäßigen Gebrauch des Gebäudes, der Nebengebäude, Anlagen, Einrichtungen und des Grundstücks laufend entstehen. Für die Aufstellung der Betriebskosten gilt die Betriebskostenverordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2346, 2347) fort. Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Vorschriften über die Aufstellung der Betriebskosten zu erlassen. (2) Die Vertragsparteien können vorbehaltlich anderweitiger Vorschriften vereinbaren, dass Betriebskosten als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesen werden. Vorauszahlungen für Betriebskosten dürfen nur in angemessener Höhe vereinbart werden. (3) Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung einer Nachforderung durch den Vermieter ausgeschlossen, es sei denn, der Vermieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter ist zu Teilabrechnungen nicht verpflichtet. Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen, es sei denn, der Mieter hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. (4) Eine zum Nachteil des Mieters von Absatz 1, Absatz 2 Satz 2 oder Absatz 3 abweichende Vereinbarung ist unwirksam. § 551 BGB Begrenzung und Anlage von Mietsicherheiten (1) Hat der Mieter dem Vermieter für die Erfüllung seiner Pflichten Sicherheit zu leisten, so darf diese vorbehaltlich des Absatzes 3 Satz 4 höchstens das Dreifache der auf einen Monat entfallenden Miete ohne die als Pauschale oder als Vorauszahlung ausgewiesenen Betriebskosten betragen. (2) Ist als Sicherheit eine Geldsumme bereitzustellen, so ist der Mieter zu drei gleichen monatlichen Teilzahlungen berechtigt. Die erste Teilzahlung ist zu Beginn des Mietverhältnisses fällig. Die weiteren Teilzahlungen werden zusammen mit den unmittelbar folgenden Mietzahlungen fällig. (3) Der Vermieter hat eine ihm als Sicherheit überlassene Geldsumme bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Vertragsparteien können eine andere Anlageform vereinbaren. In beiden Fällen muss die Anlage vom Vermögen des Vermieters getrennt erfolgen und stehen die Erträge dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Bei Wohnraum in einem Studenten- oder Jugendwohnheim besteht für den Vermieter keine Pflicht, die Sicherheitsleistung zu verzinsen. (4) Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Quelle: MRRS 2018, 0165 Entscheidung im Volltext Betriebskosten: Muss der Vermieter bei fehlender WEG-Abrechnung abrechnen? weiterlesen

Strom: Zahlung bei hohem Stromverbrauch?

BGH: Strom Kunde kann Zahlung bei ungewöhnlich hohem Strom-Verbrauch-Kosten ausnahmsweise vorläufig verweigern. Urteil vom 7. Februar 2018 – VIII ZR 148/17 „Die Klägerin ist ein Energieversorgungsunternehmen, das in Oldenburg die Grundversorgung wahrnimmt und auch die Beklagten im Grundversorgungsverhältnis unter anderem mit Strom belieferte. Bei den Beklagten handelt es sich um ein älteres Ehepaar, in dessen Haushalt im streitgegenständlichen Zeitraum außerdem zeitweise noch ein Enkel lebte. Für den etwa einjährigen Abrechnungszeitraum 2014/2015 berechnete die Klägerin den Beklagten 9.073,40 € aufgrund eines abgelesenen Verbrauchs in Höhe von 31.814 kWh. Die Beklagten bestreiten, dass sie die ihnen in Rechnung gestellte Strommenge, die etwa zehnmal höher ist als ihr Verbrauch im Vorjahreszeitraum und auch der übliche Verbrauch von Haushalten vergleichbaren Zuschnittes, tatsächlich verbraucht haben. Den Stromzähler an der Abnahmestelle hat die Klägerin noch im Juli 2015 ausbauen lassen und entsorgt, nachdem eine Prüfung durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle ausweislich des darüber ausgestellten Prüfprotokolls keine Mängel ergeben hatte. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung der von der Klägerin in ihrer Rechnung ausgewiesenen Vergütung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV könne sich auch aus einer enormen und nicht plausibel erklärbaren Abweichung der Verbrauchswerte von denen vorangegangener oder nachfolgender Abrechnungsperioden ergeben. Dafür, dass die Beklagten die vorliegend abgerechnete exorbitante Strommenge tatsächlich selbst verbraucht haben könnten, seien nach ihrem (eher bescheidenen) Lebenszuschnitt und der Auflistung der in ihrem Haushalt vorhandenen Stromabnehmer keine Anhaltspunkte zu erkennen. Wie es zu der Anzeige des außergewöhnlich hohen Verbrauchs gekommen sei, bleibe rätselhaft.“ Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Die Entscheidung des Senats: „Der Senat hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt und die Revision des Energieversorgungsunternehmens zurückgewiesen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass hier die „ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers“ im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV bestehe, ist angesichts der von ihm festgestellten Umstände aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, sondern vielmehr nahe liegend. Insbesondere hat das Berufungsgericht – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht fehlerhaft einen unzutreffenden, zu Gunsten des Kunden zu großzügigen Maßstab angelegt. Die Bestimmung des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StromGVV beruht zwar – ebenso wie die von ihr abgelöste Vorgängerregelung des § 30 Nr. 1 AVBEltV – auf der Erwägung des Verordnungsgebers, dass die grundsätzlich zur Vorleistung verpflichteten Grundversorger nicht unvertretbare Verzögerungen bei der Realisierung ihrer Preisforderungen hinnehmen müssen, die sich daraus ergeben, dass Kunden Einwände geltend machen, die sich letztlich als unberechtigt erweisen. Um Liquiditätsengpässe und daraus folgende Versorgungseinschränkungen zu vermeiden, wollte der Verordnungsgeber es den Versorgungsunternehmen ermöglichen, die Vielzahl ihrer häufig kleinen Forderungen mit einer vorläufig bindenden Wirkung festzusetzen und im Prozess ohne eine abschließende Beweisaufnahme über deren materielle Berechtigung durchzusetzen. Der Kunde wird deshalb nach § 17 StromGVV im Regelfall mit seinen Einwendungen gegen die Richtigkeit der Abrechnung (insbesondere Mess- und Ablesefehler) im Zahlungsprozess des Versorgers ausgeschlossen. Dadurch wird der Kunde aber nicht rechtlos gestellt. Denn die Darlegungs- und Beweislast des Versorgers für die Richtigkeit der Abrechnung ändert diese Regelung nicht. Vielmehr wird die Beweisaufnahme in den Fällen, in denen der Kunde nach § 17 StromGVV mit seinen Einwendungen ausgeschlossen ist, lediglich auf den Rückforderungsprozess des Kunden verlagert. Sofern der Kunde allerdings (wie hier die Beklagten angesichts des abgelesenen angeblichen enormen Verbrauchs) bereits die „ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers“ aufzeigen kann, ist er mit seinem Einwand nicht auf einen späteren Rückforderungsprozess verwiesen. Vielmehr ist sein Einwand, die berechnete Strommenge nicht bezogen zu haben, schon im Rahmen der Zahlungsklage des Versorgers zu prüfen. Das Energieversorgungsunternehmen muss dann nach allgemeinen Grundsätzen die Voraussetzungen seines Anspruchs, also auch den tatsächlichen Bezug der in Rechnung gestellten Energiemenge beweisen. Insoweit hatte die Klägerin in den Tatsacheninstanzen jedoch keinen tauglichen Beweis angetreten und den streitigen Zähler zudem entsorgt.“ § 17 StromGVV Zahlung, Verzug „(1) […]2 Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen gegenüber dem Grundversorger zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur, 1. soweit die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers besteht […] Vorinstanzen:
  • Landgericht Oldenburg – Urteil vom 4. November 2016 – 3 O 1532/16
  • Oberlandesgericht Oldenburg – Urteil vom 19. Mai 2017 – 6 U 199/16
Quelle: BGH Pressemitteilung Nr. 26/18 vom 7.2.2018 Hinweis: Nächster Seminartermin